Neuigkeiten

17.03.2014, 19:36 Uhr
Stadtrat Göttingen: Streit um Windräder in Schutzgebiet Leinetal
„Masterplan 100 Prozent Klimaschutz“
Nach heftiger Debatte im Rat der Stadt ist am Freitagabend der „Masterplan 100 Prozent Klimaschutz“ gebilligt worden. Die CDU/FDP-Gruppe stimmte dagegen. Unterdessen stoppte die Stadt nach einer Vielzahl von Eingaben und einer Fachaufsichtsbeschwerde vorerst das Verfahren zum Landschaftsschutzgebiet Leinetal (LSG). Die Verordnung soll  geändert werden, um die Ausweisung von Windradflächen im Schutzgebiet zu erleichtern. 

Göttingen. „In Auswertung der Ergebnisse der Beteiligungs- und Auslegungsphase wird es einen neuen Änderungsentwurf und auch ein neues, weiteres Anhörungs- und Auslegungsverfahren geben“, bestätigte Verwaltungssprecher Detlef Johannson den neuen Anlauf am Freitag auf Anfrage.

Das sei ja geradezu der Sinn solcher Prozesse, dass man aus Anregungen und Bedenken seine Schlüsse ziehen könne.

Die Änderung hatte bereits im vorigen Jahr Ausschüsse und Ortsräte beschäftigt. Unter anderem die  „Arbeitsgruppe Avifauna“ kritisierte, dass der neue Passus im Widerspruch zu den Zielen des Landsschaftschutzes stehen würde. Ersatz für ein beeinträchtigtes Landschaftsbild könne es nicht geben.

In einer Fachaufsichtsbeschwerde an das Umweltministerium bemängelte die Gruppe auch, dass die Untere Naturschutzbehörde eine außerordentliche Macht der Weichenstellung bekomme. Die Leiterin sei zugleich Leiterin des übergeordneten Fachbereichs und unterliege den Weisungsbefugnissen des Oberbürgermeisters.

„Nachlässig“ mit Landschafts- und Artenschutzes

Die Avifauna-Gruppe glaubt, dass Stadt und Landkreis bei der Ausweisung von Windradflächen „nachlässig“ mit den Belangen des Landschafts- und Artenschutzes umgingen. Auch der Lärmaktionsplan der Stadt, in dem vorsorglich Ruhezonen herausgenommen worden seien, müsse neu aufgerollt werden.

Der „Masterplan 100 Prozent Klimaschutz“ soll als Richtschnur für Klimaschutzaktivitäten von Stadt, Stadtwerken und Uni dienen. Darin wird auch auf den Ausbau der Windenergie gesetzt. Bis 2050 soll der Energiebedarf halbiert und der Rest aus regionalen erneuerbaren Energien gedeckt werden.

Die Energiewende sei auch zukunftsweisende Wirtschaftspolitik, sagte Sabine Morgenroth (Grüne) im Stadtrat. Die CDU traue sich nicht mehr, etwas dagegen zu sagen, lehne aber den Plan ab. Es gebe Widerstand aus der Bevölkerung, räumte Morgenroth ein. Zu sagen, man sei für die Energiewende, wolle aber keine Eingriffe in die Landschaft vor der eigenen Tür sei „Doppelzüngigkeit“. Am Ende werde sich die Vernunft durchsetzen.

„Trojanisches Pferd"

Vieles klinge gut, Schlussfolgerungen und Zielzahlen seien aber unrealistisch, begründete Hans-Georg Scherer die Ablehnung der CDU. Der Masterplan sei ein „trojanisches Pferd“. Er werde einem bei allen Entscheidungen vorgehalten werden wie schon bei der Parkplatzfrage am Kiessee.

Der Plan beinhalte teilweise „bizarre Vorstellungen“ wie Lastenfahrräder, so Scherer. „23 Windräder im Stadtgebiet ist einfach Irrsinn.“ Es komme ihm vor, als ob auf dem „Altar Klimaschutz“ alles gehe. Ein Bürokratiemonster werde gezüchtet. „Wahrscheinlich brauchen wir noch Orden für verdiente Helden des Klimaschutzes.“

Ulrich Holefleisch (Grüne) warf der CDU vor, ängstlich zu sein. „Sie scheuen Verantwortung, sie wollen sich nicht festlegen.“ Eine Vision für 2050 sei entwickelt worden, so Oberbürgermeister Wolfgang Meyer (SPD). Wenn sie eintrete, „wäre ich sehr froh“.

Landschaftsschutzgebiet

In der Verordnung der Stadt Göttingen zum LSG Leinetal, das weite Bereiche im Osten, Süden und Westen des Stadtgebietes umfasst, sollte bislang ein Absatz 3 in § 3 eingefügt werden:

„Sollen in Bauleitplänen Windenergieanlagen dargestellt oder festgesetzt werden, so sind diese Darstellungen oder Festsetzungen mit dieser Landschaftsschutzgebietsverordnung vereinbar, wenn im Aufstellungsverfahren zum Bauleitplan durch Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde erklärt wird, dass diese Einrichtungen an der im Bauleitplan bezeichneten Stelle dem Charakter und dem besonderen Schutzzweck dieser Verordnung nicht widersprechen oder dass für die Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes angemessener Ersatz geschaffen wird.Die artenschutzrechtlichen Vorschriften bleiben davon unberührt.“